10. September 2024

Wie Frauen das Web erfanden

Lässt sich über Webgeschichte auch versuchsweise mal komplett aus weiblicher Perspektive schreiben? In einem Beitrag für die Open Source-Rubrik der Berliner Zeitung habe ich das mal ausprobiert. Und zwar von den Grandmother Nerds bis zu den Cyberfeministinnen, mit Zwischenstationen bei den Haecksen vom Chaos Computer Club und dem BTX (!)-Startup Telebuch.

Wie Frauen das Web erfanden Open Source Berliner Zeitung


Das ein solcher “Historiographic Turn” in der Webgeschichte nicht nur notwendig ist, sondern auch funktioniert, hat ja nicht zuletzt die US-Historikerin Claire L. Evans mit ihrer Studie “Broad Band” gezeigt, Untertitel: “The Untold Story of the Women who made the Internet”. Auch in anderen, ähnlich männlich dominierten Disziplinen gibt es spannende Beispiele für diesen Ansatz, allen voran Katy Hessels “The Story of Art without Men”.

25. Juni 2024

Wer wob das Web als E-Book

Wie versprochen gibt es nun auch eine E-Book-Version von “Wer wob das Web”. Sie ist in allen gängigen Online-Shops für 2,99 Euro erhältlich, Amazon inklusive. Zum Start veranstalte ich aber eine Gratis-Aktion: vom 26. Juni bis zum 3. Juli könnt ihr das E-Book kostenlos herunterladen, etwa bei Genialokal.

E-Book-Version von Wer wob das Web bei Genialokal


Das E-Book von “Wer wob das Web” kommt sogar ein kleines bisschen interaktiv daher, denn ich habe die Fußnoten mit Verlinkungen ausgestattet, die Personennamen im Text sind zudem mit den Einträgen im Lexikon verbunden. Der Vertrieb läuft via Tolino Media, die E-Book-Plattform des deutschen Buchhandels.

30. Mai 2024

Weltgehirn statt Weltkrieg

“World Brain”, dieser Buchtitel klingt nach aktueller Lektüre über das World Wide Web. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Aufsatzsammlung aus dem Jahr 1938, Autor: H.G. Wells, bekannt durch Sci-Fi-Romane wie “Time Machine” oder “War of the Worlds”. Statt Science-Fiction geht es hier um die konkrete Utopie einer weltweit verfügbaren, ständig aktualisierten “World Encyclopedia”, und damit zugleich um eine Art Nervenzentrum, das der Menschheit ein gemeinsames Planen und Handeln ermöglicht. “Weltgehirn” eben.

H.G. Wells World Brain World Encyclopedia 1938


Rein technisch dachte sich Wells eine Kombination aus drahtlosem Funk und Mikrofilm, um Bücher, Aufsätze und Zeitungsartikel in alle Welt zu übertragen. Das gesammelte Weltwissen sollte zugleich die Basis dafür bilden, neue Ideen zu diskutieren und die Forschung voranzutreiben. Vor allem aber, so hofft Wells, würde auf diese Weise kein Wissen mehr verloren gehen, sondern Forschritt in stabilem Tempo möglich werden.

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29. Mai 2024

World Wide Cyberfeminismus

Für Netz-Historiker ist 1991 ein wichtiges Jahr: denn am Europäischen Kernforschungszentrum CERN startete Tim Berners Lee damals auf seinem Server die erste Webseite der Welt – Startschuss für das World Wide Web. Doch es gibt noch einen anderen Grund, genau auf dieses Jahr zu schauen. Denn zum selben Zeitpunkt verbreitete sich via Internet das “Cyberfeminist Manifesto”.

Cyberfeminist Manifesto
Hinter dem Gründungsmanifest des Cyberfeminismus steckte das australische Künstlerinnen-Kollektiv VNS Matrix, gegründet von Josephine Starrs, Julianne Pierce, Francesca da Rimini und Virginia Barratt. Zentraler Satz des kaum eine halbe Schreibmaschinenseite umfassenden Manifestes: “Die Klitoris ist eine direkte Verbindung zur Matrix”.

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28. Mai 2024

Avatare im akademischen Dungeon

Netzwerke entstehen dort, wo es Rechner zum vernetzen gibt. Und manchmal sind sie einfach schon da, etwa das akademische Netz namens “BITNET”, gegründet Anfang 1981. So legt es jedenfalls der Name nahe, denn “BIT” steht für “Because it’s there”.

BITNET Earn Karte
Tatsächlich nutzten die BITNET-Gründer Ira Fuchs und Greydon Freeman ein bereits in den 1970er Jahren entwickeltes Protokoll für IBM-Rechner, um ihre Universitäten in New York und Yale via Telefonleitung zu vernetzen. Das Beispiel machte rasch Schule, und Ende der Achtziger Jahre umfasste das BITNET tausende akademische Institutionen rund um den Globus.

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26. Mai 2024

Als Google noch eine Frau war

Das ARPAnet mag klein angefangen haben, doch es wuchs schnell: im Monatstakt kamen seit 1970/71 neue Netzknoten hinzu. Damit nahm zugleich das Bedürfnis der Nutzer nach mehr Übersichtlichkeit zu. Um Abhilfe zu schaffen, wurde 1972 in Stanford das “Network Information Center” (NIC) gegründet, geleitet von der Biochemikerin und Bibliographie-Expertin Elizabeth J. Feinler.

Elizabeth Feinler Network Information Center Stanford
Ähnlich effektiv wie zuvor in der Bibliothek des Stanford Research Institute (SRI) recherchierte und organisierte Feinler nun alle Informationen über das Netzwerk, dessen Ressourcen und angeschlossene Wissenschaftler. Wer etwas über das Netz wissen wollte, griff anfangs in der Regel zum Telefon und rief in Stanford an, oder schrieb einen Brief.

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23. Mai 2024

Wer wob das Web ist jetzt lieferbar

Kleines Update: Seit heute ist mein neues Buch “Wer wob das Web?” lieferbar. Ihr könnt es im Netz z.B. über die Buchhandels-Plattform Genialokal bestellen, was dann eurer lokalen Lieblingsbuchhandlung zugute kommt. Click & Collect – d.h. Abholung vor Ort – ist dort auch möglich. Eine Leseprobe im PDF-Format gibt es via krautpublishing.de, das Personenlexikon gibt es auch online. “Wer wob das Web?” hat 166 Seiten und kostet 19,90 Euro. Auf Anfrage verschicke ich gerne Rezensionsexemplare (Print oder PDF), Mail-Adresse siehe hier.

21. Mai 2024

SAGE und SABREs Schmidteinander

SAGE und SABRE, das klingt nicht nur ähnlich, das hat auch was miteinander zu tun. Beides sind nämlich frühe, telefongestützte Computernetzwerke aus den 1950er/1960er Jahren – einmal das “Semi Automatic Ground Environment” der US-Luftwaffe, zum anderen das “Semi Automatic Business Research Environment” der Luftfahrtgesellschaft American Airlines.

SAGE Kontrollraum 1958
Dass auch die Luftfahrt-Branche schon sehr früh über Telefonleitung und Fernschreiber vernetzte Großrechner einsetzte, hat mit einer Zufallsbekanntschaft bei einem Business-Flug zwischen Los Angeles und New York zu tun. Dabei trafen im Jahr 1953 der IBM-Handlungsreisende Blair Smith und der American Airlines-Chef C. R. Smith zusammen.

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19. Mai 2024

Jenseits vom Technogebabbel

Wer sich mit Internetgeschichte befasst, hat es ironischerweise erstmal mit viel Papier zu tun, ob nun anfassbare Büchern oder eingescannte, online verfügbare Quellen. Denn die Erfinder des Internet-Vorgängers ARPAnet haben eine Menge technischer Dokumentationen und Berichte hinterlassen.

Arpanet Logical Map 1973
Doch was sagt uns das eigentlich über die Bedeutung dieser Technologie? Leider viel zu wenig, beklagte vor knapp 20 Jahren Jaques Vallée, ein an der frühen ARPAnet-Entwicklung beteiligter Computerwissenschaftler – all das sei “amorphes Technogebabbel”, ein “obskurer Jargon von Bits und Bytes, Routern und Servern, Pushdown Stacks und rekursiven Prozeduren”.

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16. Mai 2024

Schrammelnd ins Netzzeitalter

Man erkennt sie am metallisch-kreischenden Schrammeln: Modems übersetzen digitale Bits und Bytes in hörbare, analoge Signale, um sie per Telefon zu übertragen. Oder umgekehrt. Daher der Name: MOdulator-DEModulator. Geschrammelt wurde schon vor dem Internet: Die ersten Modems nutzte man in den USA bereits Ende der 1950er Jahre, um Radardaten via Telefonleitung an den Zentralrechner der Luftwaffe zu schicken.

Hayes Smartmodem 1982
Bell und andere Firmen boten Modems bald auch für Unternehmen an, die per Telefon auf Großrechner zugreifen wollten. Für private Haushalte waren Modems erst so richtig interessant, als es Personal- bzw. Heimcomputer gab, und die perfekt dazu passende Erfindung von Dennis C. Hayes: das “Smartmodem”. Es ließ sich dank eigenem Befehlssatz von jedem Computer aus ansteuern, und wählte sich selbständig ins Telefonnetz ein. “Hayes”-Kompatibilität wurde zum Industriestandard.

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15. Mai 2024

Von der Netmail zur E-Mail

Computer-Nutzer haben sich praktisch von Anfang an Nachrichten geschickt – das funktionierte bereits in den 1960er Jahren, als man begann, mehrere Eingabe-Terminals an Großrechner anzuschließen (“Time Sharing”). Anfangs wurde dabei der Text schlicht an eine bestehende “Mailbox”-Datei im Verzeichnis des Empfängers angehängt. Doch kaum waren die ersten Rechner über das ARPAnet verbunden, begann auch schon das Zeitalter der “Netmail”, also der über ein Netzwerk verschickten Nachricht.

Erste E-Mail im ARPAnet gesendet im Jahr 1971
Als Erfinder der “echten” E-Mail gilt der BBN-Mitarbeiter Ray Tomlinson – denn der Computerwissenschaftler erweiterte das bisher auf manchen Großrechnern genutzte SNDMSG (“Sendmessage”)-Protokoll um eine Netzwerkkomponente (“CPYNET”). Eine erste Testnachricht verschickte er 1971 zwischen zwei Rechnern, die zwar über das ARPAnet verbunden waren, aber im selben Raum standen – im Bild oben sind sie zu sehen. Tomlinson verdanken wir zudem das zum Symbol für E-Mail avancierte “@”-Zeichen, mit dem schon bei der ersten E-Mail der Name des Adressaten und der Name des Rechners voneinander getrennt wurden.

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14. Mai 2024

Als die Chatbots ins Netz gingen

Das Internet hatte seine eigene “Mother of all Demos”, auch wenn der Name selbst schon seit der legendären Live-Präsentation computergestützter Interaktion durch Doug Engelbart im Jahr 1968 reserviert ist. Die ebenso legendäre erste Internet-Demo fand im Oktober 1972 statt, unter dem nicht ganz so coolen Titel “1st International Conference on Computer Communications (ICCC)”.

Arpanet-Karte 1972
Im Ballsaal des Hilton Hotels in Washington D.C. stellte man Dutzende Terminals auf, die mit dem damals noch ARPAnet genannten Computer-Netzwerk verbunden waren. Über den direkten Draht ließen sich Programme ausprobieren, die auf Großrechnern diverser Universitäten liefen – darunter auch zwei frühe “Chatbots”, nämlich ELIZA und PARRY.

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13. Mai 2024

Warum ist das WWW grün?

Das Buch ist fast fertig! Im Moment warte ich auf ein Probeexemplar, es sollte diese Woche noch hier im Medienbüro ankommen.
Einstweilen habe ich auch ein paar Aufkleber drucken lassen, um vorab schon ein bisschen Werbung machen zu können. So sehen sie aus:


WWW-Logo


Grafisch soll das eine kleine Anspielung auf das allererste WWW-Logo sein, das Tim Berners-Lees Kollege Robert Cailliau 1990 entworfen hat, sobald der bis heute bestehende Arbeitstitel “World Wide Web” für das am CERN geplante Projekt feststand.


WWW-Logo

Die grüne Farbe für die hinteren zwei W’s hat übrigens eine verblüffende Erklärung. Gegenüber Psychology Today erklärte Cailliau viele Jahre später:


Because I’m a synesthete I see characters in colors and I perceive a W as green. I liked that. So it remained WWW. And there was indeed a logo that we used a lot in the beginning. It was made from three Ws: white, light green and darker green.